Fertigungssoftware für kleinere Mittelständler – Tipps zur Auswahl
Materialengpässe, unklarer Fertigungsstatus, mangelnde Kostentransparenz: Wenn solche Probleme in der Produktion regelmäßig auftreten, sollten produzierende Betriebe ihre Excel-Auswertungen durch eine professionelle Fertigungssoftware ersetzen. Doch die Auswahl und Einführung einer Lösung will vor allem in kleineren Unternehmen mit schmalerem Budget gut überlegt sein. Daher empfiehlt es sich, schrittweise und strukturiert vorzugehen.
Viele kleinere Fertigungsbetriebe behelfen sich bei der Steuerung ihrer Produktion mit selbst erstellten Excel-Auswertungen. Das funktioniert grundsätzlich auch ein Stück weit. Problematisch wird es aber, wenn zum Beispiel steigende Umsatzerwartungen, neue Key-Kunden oder komplexere Produkte die bisherige Organisation der Abläufe überfordern. Oder wenn der Fertigungsleiter demnächst in Rente gehen wird und damit viel Erfahrung und Wissen unwiederbringlich verloren zu gehen drohen. Spätestens dann denken Firmenchefs über den Einsatz leistungsfähiger Software zur Steuerung der Fertigung nach.
Überstürzen sollte man aber nichts, denn schließlich geht es um den betrieblichen Kernbereich: die eigene Produktion. Zu groß ist das Risiko, durch eine unsauber implementierte und womöglich ungeeignete Software die Fertigungsprozesse aufzublähen und zu verkomplizieren. Daher ist es ratsam, sich umfangreiche Gedanken zum geplanten Softwareprojekt zu machen und diese schriftlich festzuhalten. Je klarer sich ein Unternehmen über den eigenen Bedarf ist, desto größer ist die Chance, eine passende Lösung hierfür zu erhalten.
Lastenheft mit Anforderungen an die Fertigungssoftware erstellen
Zuerst sollte das Unternehmen die wesentlichen Problemfelder im Bereich der Fertigung ermitteln. Oft sind die Problemsymptome bereits offensichtlich: Beispielsweise ist häufig unklar, was zu welchem Zeitpunkt zu produzieren ist. Immer wieder fehlt benötigtes Material. Und bevor man einem Kunden Auskunft über den Status seines Auftrags geben kann, muss man über das Fertigungsgelände laufen. Kostentransparenz? Fehlanzeige!
Nun gilt es, die Problemursachen zu erkennen und die fertigungsrelevanten Geschäftsprozesse kritisch zu hinterfragen. Auf Grundlage der Erkenntnisse, die man hierbei gewinnt, ist ein strukturierter Anforderungskatalog zu erstellen: das Lastenheft.
Softwareanbieter in die Pflicht nehmen
Im nächsten Schritt des Auswahlprozesses sollte man ausgewählten Softwareanbietern und ihren Lösungen auf den Zahn fühlen. Hierzu stellt man den potenziellen Auftragnehmern das Lastenheft zur Verfügung. Auf dieser Informationsgrundlage erarbeiten die Anbieter jeweils ein sogenanntes Pflichtenheft. Das Pflichtenheft beschreibt, wie und mit welchen Softwaremodulen der Anbieter die definierten Anforderungen des Auftraggebers umsetzen wird. Darüber hinaus sollte klar und gründlich ausformuliert sein, welche Ziele sich mit der Software erreichen lassen – und was das Produkt nicht können wird. Meistens verbinden Anbieter das Pflichtenheft bereits mit einem konkreten Angebot. Für das auftraggebende Unternehmen hat dieses strukturierte Vorgehen den Vorteil, dass es die Angebote verschiedener Softwareanbieter leicht miteinander vergleichen kann.
Bei der Auswahl von Fertigungssoftware die Betriebsgröße berücksichtigen
Zu guter Letzt hier noch der Hinweis, dass die Binsenweisheit “viel hilft viel” beim Einsatz von Fertigungssoftware oft nicht zutrifft. Gewiss, auf dem Markt sind umfangreiche PPS-Systeme (Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme) erhältlich, mit denen sich alle erdenklichen Abläufe im Bereich der Fertigung genau abbilden lassen. Große PPS-Systeme tendieren aufgrund ihrer monolithischen Struktur jedoch dazu, früher oder später die Steuerung der produktionsrelevanten Prozesse zu übernehmen. Darunter leidet die Flexibilität, die insbesondere kleinere Fertigungsbetriebe in der Produktion auszeichnet und ihnen oftmals einen Wettbewerbsvorteil verschafft. Zudem erfordert der Einsatz eines großen PPS-Systems in aller Regel zusätzliches Personal für die IT und die Arbeitsvorbereitung. Hinzu kommen beträchtliche Ausgaben für Consulting.
Angesichts der Kosten für die Einführung und den Betrieb eines großen PPS-Systems geraten kleinere Produktionsunternehmen rasch an die Grenze ihrer finanziellen Belastbarkeit. Zudem ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis fast immer ungünstig, weil meistens nur ein Bruchteil der funktionellen Möglichkeiten des Systems genutzt wird.
Eine Fertigungssoftware für Betriebe mit bis zu 100 Beschäftigten sollte zum tatsächlichen Bedarf passen und die Unternehmensressourcen möglichst wenig belasten.
Das ist dann der Fall, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Die Fertigungssoftware erweitert das eingesetzte Warenwirtschaftssystem genau dort um produktionsspezifische Funktionen, wo es sinnvoll ist und vom Unternehmen gewünscht wird.
- Das Unternehmen entscheidet, welche Funktionen es im Bereich der Fertigung benötigt (Pflichtenheft) und bezahlt auch nur für diese Teile der Anwendung.
- Die Software ist funktionell skalierbar. Steigen die Anforderungen, wächst die Lösung mit.
Bildquelle: monkeybusinessimages/iStockphoto.com
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