Reform der Steuerklassen: Gesetzentwurf auf den Weg gebracht
Am 24. Juli 2024 hat die Bundesregierung den Entwurf eines Steuerfortentwicklungsgesetzes (SteFeG) in das Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Das Gesetz enthält umfangreiche Steuerreformen, darunter die Abschaffung der Steuerklassen 3 und 5. Dieser Beitrag fasst die wichtigsten Regelungen zusammen, die Auswirkungen auf die Personalarbeit haben.
Das “Gesetz zur Fortentwicklung des Steuerrechts und zur Anpassung des Einkommensteuertarifs”, kurz Steuerfortentwicklungsgesetz, wird erhebliche Auswirkungen auf Beschäftigte, Familien und die Lohnbuchhaltung haben. Im Mittelpunkt stehen die Reform der Steuerklassen sowie Anpassungen bei den steuerlichen Freibeträgen. Hier ein Überblick über die geplanten Änderungen.
Anhebung des steuerlichen Grundfreibetrags
Eine zentrale Maßnahme des Gesetzentwurfs ist die schrittweise Anhebung des Grundfreibetrags, um das Existenzminimum steuerfrei zu stellen. Bereits für das laufende Jahr 2024 soll der Grundfreibetrag um 180 Euro auf 11.784 Euro angehoben werden. Damit soll die verfassungsrechtlich gebotene Freistellung des Existenzminimums trotz anhaltender Inflation sicherstellen. In den Folgejahren soll der Grundfreibetrag weiter steigen: auf 12.084 Euro im Jahr 2025 und auf 12.336 Euro im Jahr 2026. Mit diesen Anpassungen soll eine Mehrbelastung der Steuerpflichtigen durch die so genannte “kalte Progression”, also die schleichende Steuererhöhung durch die Inflation, vermieden werden.
Erhöhung von Kinderfreibetrag und Kindergeld
Auch Familien profitieren von den neuen Regelungen. Der Kinderfreibetrag wird schrittweise angehoben: Im Jahr 2024 steigt er um 228 Euro auf 6.612 Euro, 2025 auf 6.672 Euro und 2026 auf 6.828 Euro.
Parallel dazu erhöht sich das Kindergeld: Ab Januar 2025 erhalten Familien für jedes Kind monatlich 255 Euro, was einer Erhöhung um fünf Euro entspricht. 2026 steigt das Kindergeld um weitere vier Euro auf dann 259 Euro pro Monat.
Reform der Steuerklassen
Die Reform der Steuerklassen betrifft vor allem Eheleute und eingetragene Lebenspartnerschaften. Ab dem 1. Januar 2030 soll das sogenannte Faktorverfahren in der Steuerklasse 4 die bisherigen Steuerklassen 3 und 5 ersetzen. Diese Reform zielt darauf ab, die Steuerlast gerechter zu verteilen und damit insbesondere Zweitverdiener, häufig Frauen, besser zu stellen.
Im bisherigen System führte die Kombination der Steuerklassen 3 und 5 in der monatlichen Betrachtung häufig zu Ungerechtigkeiten, da die Person mit der Steuerklasse 5 eine deutlich höhere Lohnsteuerbelastung hatte. Diese Ungleichverteilung wurde jedoch im Rahmen der gemeinsamen Einkommensteuererklärung – Stichwort Ehegattensplitting – ausgeglichen.
Im neuen System berechnet das Finanzamt für jedes Paar einen individuellen Faktor, der die Steuervorteile des Ehegattensplittings bereits beim monatlichen Lohnsteuerabzug berücksichtigt. Damit wird die Steuerlast schon bei der monatlichen Lohnabrechnung gleichmäßiger auf die Partnerinnen und Partner verteilt – und sie müssen sich nicht mehr mit hohen Nachzahlungen bei der jährlichen Steuererklärung herumschlagen oder auf hohe Rückzahlungen warten.
Das Ehegattensplitting bleibt also erhalten und wird direkt in die Berechnung des monatlichen Lohnsteuerabzugs integriert. Damit soll das Gerechtigkeitsempfinden von Zweitverdienerinnen und Zweitverdienern unterstützt und ein Anreiz zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit für bisher nicht erwerbstätige Eheleute geschaffen werden.
Weitere steuerliche Änderungen
Der Entwurf des Steuerfortentwicklungsgesetzes umfasst weitere Maßnahmen zur Entlastung der Unternehmen. Eine wichtige Neuerung ist die Anhebung der degressiven Abschreibung für bewegliche Wirtschaftsgüter, die Unternehmen zwischen 2025 und 2028 anschaffen. Ab diesem Zeitpunkt sollen sie das Zweieinhalbfache der linearen Abschreibung ansetzen können, maximal jedoch 25 Prozent. Diese Regelung soll insbesondere kleine und mittlere Unternehmen zu Investitionen anregen und ihre steuerliche Planungssicherheit verbessern.
Außerdem soll sich ab 2025 der “Bemessungsgrundlagenhöchstbetrag” für die Forschungszulage auf zwölf Millionen Euro erhöhen. Dies soll die Innovationskraft und Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen durch zusätzliche steuerliche Anreize für Forschung und Entwicklung stärken.
Auswirkungen auf Personalabteilungen
Wenn die geplanten Änderungen durch das Steuerfortentwicklungsgesetz wie beschrieben umgesetzt werden, müssen die Personalabteilungen deutscher Unternehmen die Entgeltabrechnung anpassen. Sie müssen die neuen Freibeträge und Kindergelderhöhungen rückwirkend zum 1. Januar 2024 berücksichtigen und ab 2030 auf das neue Faktorverfahren umstellen. Diese Änderungen erfordern Anpassungen der Lohnsteuerabzugsverfahren sowie eine intensive Schulung der Personalverantwortlichen, um auf Rückfragen der Beschäftigten vorbereitet zu sein.
Fazit
Die Reformen des Steuerfortentwicklungsgesetzes zielen darauf ab, langfristig eine gerechtere Verteilung der Steuerlast zu erreichen, Familien stärker zu unterstützen und Unternehmen zu entlasten. Um diese neuen Regelungen reibungslos und effektiv umzusetzen, tragen auch die Personalabteilungen eine wesentliche Verantwortung. Sie müssen die neuen Vorgaben wie die Reform der Steuerklassen korrekt in die Entgeltabrechnung integrieren und sicherstellen, dass die Beschäftigten die Änderungen verstehen und von ihnen profitieren. Wie sich das Gesetzgebungsverfahren weiterentwickelt, bleibt abzuwarten.
Markus Matt ist Fachjournalist Human Resources und Dipl.-Betriebswirt. Er ist seit 25 Jahren in der deutschen Personalszene unterwegs und hat die Branche aus verschiedenen Blickwinkeln kennengelernt. Mehr als ein Jahrzehnt war er Chefredakteur eines HR-Fachmagazins. Weiterhin hat er sich einen Namen als Autor und Moderator gemacht. Matt ist Inhaber einer Unternehmensberatung.
Lesen Sie auch:
>> Wachstumschancengesetz und Payroll: Was nun bei der Entgeltabrechnung zu beachten ist
>> Bis zu 3.000 Euro steuerfrei und abgabenfrei: Was Arbeitgeber über die Inflationsprämie wissen müssen
>> Lohnsoftware finden: So wählen Sie geschickt aus
Bildquellen: Tongpool/stock.adobe.com (Beitragsbild), Markus Matt (Porträt)