9-Euro-Ticket in der Lohnabrechnung – Worauf Arbeitgeber achten müssen

 
Des einen Freud, des anderen Leid: Das 9-Euro-Ticket bringt vielen Pendlern spürbare Entlastung im Geldbeutel. Für den Arbeitgeber bedeutet das verbilligte Jobticket allerdings auch offene Fragen. Hat er nämlich seinen Mitarbeitern schon vorher Monats- oder Jahrestickets bezahlt, ist fraglich, wie mit der Differenz zu den bisherigen Kosten lohnsteuerlich umzugehen ist. Dazu hat das Bundesministerium der Finanzen (BMF) inzwischen Stellung genommen.

Was ist das 9-Euro-Ticket?

Das 9-Euro-Ticket wurde am 20. Mai 2022 von der Bundesregierung als Teil eines umfangreichen Entlastungspakets beschlossen. Ziel ist, die Bürger angesichts der steigenden Energiepreise zu entlasten. Das 9-Euro-Ticket ist am 1. Juni 2022 in Kraft getreten und gilt für die Monate Juni, Juli und August. Während dieser drei Monate können die Bürger alle öffentlichen Nahverkehrsmittel zum einheitlichen Preis von nur neun Euro monatlich nutzen – so oft sie wollen. Die Nachfrage ist groß: Mitte Juni waren bereits mehr als 16 Millionen Neun-Euro-Tickets verkauft, berichtet der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV). Auch viele Arbeitnehmer profitieren von dem vergünstigten Jobticket, das sie dank ÖPNV-Anbindung besonders günstig an den Arbeitsplatz bringt.

BMF-Schreiben vom 30. Mai 2022: Vereinfachungsregel und Jahresbetrachtung

Das BMF-Schreiben vom 30. Mai 2022 sorgt seitens der Arbeitgeber für Erleichterungen und reduziert den zusätzlichen administrativen Aufwand für die vorübergehende Änderung auf ein Minimum. Die Finanzverwaltung hält darin zwei grundsätzliche Regeln für den Umgang mit dem 9-Euro-Ticket bei der Lohnabrechnung fest:

    • Vereinfachungsregel: Zahlt der Arbeitgeber einen gleichbleibenden monatlichen Zuschuss zum Bahnticket seiner Mitarbeiter, muss er dessen Höhe nicht jeden Monat neu überprüfen. Beträgt der Zuschuss also etwa im Juni 2022 25 Euro, obwohl der Arbeitnehmer nur neun Euro gezahlt hat, muss dieser Umstand in der Juni-Abrechnung nicht auftauchen.
    • Jahresbetrachtung: Zum Ende des Jahres 2022 sollen Arbeitgeber, die Zuschüsse zu Jobtickets für den ÖPNV gezahlt haben, eine Überprüfung vornehmen. Übersteigen die Zuschüsse des Arbeitgebers die tatsächlichen Ausgaben des Mitarbeiters, so muss er die Differenz entweder vom Arbeitnehmer zurückfordern oder als steuerpflichtigen Arbeitslohn behandeln (und somit versteuern und Sozialabgaben abführen).

Besondere Fälle und Fragen rund um das 9-Euro-Ticket

Auf so mancher Lohnabrechnung ändert sich durch das 9-Euro-Ticket überhaupt nichts. Das ist oft der Fall, wenn nur ein geringer Arbeitgeberzuschuss gezahlt wird. Es gibt aber auch einige Sonderfälle, die bei Arbeitgebern Fragen aufwerfen:

 

  • Der Arbeitgeber kauft die Tickets für den ÖPNV.

Kauft der Arbeitgeber selbst die Jobtickets, etwa im Rahmen einer Kooperation mit dem örtlichen Verkehrsbetrieb, so sind diese bei Erfüllung aller Voraussetzungen steuer- und sozialabgabenfrei. Das ist der Fall, wenn das Ticket nur für den ÖPNV (nicht für den Fernverkehr) gilt – beim 9-Euro-Ticket ist dies schon durch dessen Geltungsbereich erfüllt. Zudem muss die Fahrkarte zusätzlich zum Arbeitslohn gezahlt werden, eine Entgeltumwandlung ist nicht zulässig. Da der Arbeitgeber ohnehin die tatsächlichen Kosten trägt, ändert sich für ihn nichts. Er muss lediglich den geringeren Betrag der übernommenen Kosten korrekt auf der Lohnabrechnung angeben.

 

  • Der Arbeitgeber erstattet den Mitarbeitern ihre vollen Ausgaben für den ÖPNV.

Auch wenn Mitarbeiter ihre Jobtickets selbst kaufen und der Arbeitgeber die Kosten erstattet, sind diese steuer- und sozialabgabenfrei. Es gelten die gleichen Voraussetzungen wie beim Kauf des Tickets durch den Arbeitgeber. Das Unternehmen muss jedoch am Jahresende prüfen, ob der Arbeitgeberzuschuss möglicherweise höher war als die tatsächlichen Ausgaben des Mitarbeiters. Die Differenz wäre dann zu versteuern.

Beispiel: Der Mitarbeiter hat monatliche Kosten in Höhe von 50 Euro für den ÖPNV, die der Arbeitgeber mit einer Auszahlung von 50 Euro im Monat übernimmt. Durch das 9-Euro-Ticket liegen die tatsächlichen Kosten im Jahr 2022 bei nur 477 Euro (9 Monate x 50 Euro + 3 Monate x 9 Euro). Der Arbeitgeber zahlt jedoch 12 x 50 Euro = 600 Euro. Die Differenz von 123 Euro ist zu versteuern.

 

  • Der Arbeitgeber erstattet nur einen Teil der Kosten für das Jobticket.

Bekommt der Mitarbeiter nur einen Arbeitgeberzuschuss von beispielsweise 50 oder 75 Prozent zu den Kosten, muss der Arbeitgeber am Jahresende kontrollieren, ob eine Überzahlung vorliegt. In der Regel ist dies aber nicht der Fall.

Beispiel: Ein Mitarbeiter zahlt monatlich 50 Euro für sein Ticket und erhält dazu 25 Euro Arbeitgeberzuschuss. Er kommt normalerweise im Jahr auf Kosten von 600 Euro und einen Zuschuss von 300 Euro. Durch das 9-Euro-Ticket liegen die Gesamtkosten in diesem Jahr bei 477 Euro. Der Zuschuss übersteigt trotz 9 Euro-Tickets nicht die tatsächlichen Ausgaben.

 

  • Der Arbeitgeber zahlt einen Zuschuss zu Jahrestickets.

Kauft der Arbeitgeber zu Beginn des Jahres ein Jahresticket für einen Mitarbeiter oder erstattet er ihm die Ausgaben dafür, muss er diese Kosten im betreffenden Monat in der Lohnabrechnung berücksichtigen. Erhält der Arbeitgeber bzw. der Mitarbeiter eine Gutschrift für die Kostendifferenz in den Monaten Juni bis August, muss die frühere Lohnabrechnung im Hinblick auf die Jahreskosten korrigiert werden.

Folgen einer falschen Abrechnung

Berücksichtigt der Arbeitgeber das BMF-Schreiben nicht und zahlt weiterhin den vollen Zuschuss steuer- und beitragsfrei aus, obwohl er so die tatsächlichen Kosten übersteigt, geht er ein finanzielles Risiko ein. Fällt dieser Umstand bei einer Betriebsprüfung auf, zahlt er nicht nur den Arbeitgeberanteil zur Sozialversicherung für die Differenz nach, sondern steht auch für den Arbeitnehmeranteil und dessen Lohnsteuer gerade.

Welche Aufzeichnungspflichten bestehen im Lohnkonto für den Arbeitgeber?

Um die korrekte Lohnabrechnung nachvollziehen zu können, sind Arbeitgeber verpflichtet, im Lohnkonto der Mitarbeiter Details zu den gezahlten Arbeitgeberzuschüssen zu erfassen. Zudem müssen sie bei Erstattungen oder Zuschüssen nachweisen können, wie hoch die tatsächlichen Kosten der Arbeitnehmer waren.

Darüber hinaus ist die korrekte Höhe der gezahlten Zuschüsse in der Lohnabrechnung auszuweisen, da diese sich auf die Steuererklärung der Arbeitnehmer auswirken. Um diese Zuschüsse sinkt die Entfernungspauschale, die die Mitarbeiter für den Weg zwischen Wohnort und erster Tätigkeitsstätte steuerlich geltend machen können.
 
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