Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eAU

Elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung: Was Arbeitgeber zur eAU-Einführung wissen sollten

 
Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) soll den “gelben Schein” ersetzen. Insbesondere wegen fehlender IT-Infrastruktur in den Arztpraxen kommt der digitale Datenaustausch aber nur langsam in Schwung. Daher hat der Gesetzgeber die Pilotphase verlängert. Für Arbeitgeber soll die Teilnahme am eAU-Verfahren nun ab Januar 2023 verpflichtend sein. Hier die wichtigsten Informationen.

Die Ärztinnen und Ärzte in Deutschland stellen jedes Jahr rund 77 Millionen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen (AU) aus. Nicht nur der Ausdruck der Bescheinigungen, auch deren manuelle Erfassung bei Krankenkassen und Arbeitgebern verursacht hohen bürokratischen Aufwand. Um die Beteiligten davon zu befreien, hatte der Gesetzgeber im November 2019 mit dem dritten Bürokratieentlastungsgesetz (BEG III) die Einführung eines digitalen Verfahrens angestoßen. Dazu sollte im ersten Schritt die elektronische Kommunikation zwischen Arzt und Krankenkasse eingerichtet werden, im zweiten Schritt sollten die Krankenkassen die AU-Daten für den digitalen Abruf durch die Arbeitgeber bereitstellen. Die unzureichende IT-Ausstattung in vielen Arztpraxen und die Pandemiesituation haben das Projekt jedoch zeitlich in Verzug gebracht.
 

Zeitplan zur Einführung der eAU

Ursprünglich war vorgesehen, dass alle Vertragsarztpraxen die AU-Daten ihrer Patienten ab dem 1. Januar 2021 elektronisch an die Krankenkassen übermitteln. Dazu waren viele Praxen jedoch aufgrund fehlender IT-Ausstattung und zusätzlicher Belastungen durch die Corona-Pandemie nicht in der Lage, wie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) betonten. Daher wurde der Start der Datenübermittlung durch die Praxen an die Kassen auf den Oktober 2021 verschoben.

Nach heutigem Stand gliedert sich die Einführung der eAU in die folgenden Phasen:

Einführung für die Arztpraxen seit Oktober 2021

Seit dem 1. Oktober 2021 können Vertragsarztpraxen, die technisch dazu imstande sind, Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen elektronisch an Krankenkassen übermitteln. Da die technischen Unzulänglichkeiten bei der IT-Ausstattung eine flächendeckende Übermittlung elektronischer AU nach wie vor verhindern, gilt für die Praxen eine Übergangsfrist bis zum 31. Dezember 2022. Vertragsärzte müssen ihren Patienten also bis Ende 2022 weiterhin einen “gelben Schein” austellen. Sofern sie dazu technisch in der Lage sind, können sie die AU-Daten zusätzlich elektronisch an die Krankenkassen übermitteln.

Pilotphase unter Einbeziehung von Arbeitgebern seit Januar 2022

Infolge der technischen Probleme bei der Kommunikation zwischen Arztpraxen und Krankenkassen ist auch der “zweite Teil” der eAU-Einführung in Verzug geraten: Ursprünglich sollten die Kassen den Arbeitgebern die AU-Daten nämlich seit Anfang 2022 nur noch digital zur Verfügung stellen. Dies geschieht jedoch aufgrund der unzureichenden Datenübermittlung durch die Ärzteschaft lediglich teilweise. Dementsprechend funktioniert auch der Datenabruf durch Arbeitgeber noch nicht im vorgesehenen Umfang. Um den Beteiligten mehr Zeit für die Einführung zu geben, wurde die Pilotphase zur Erprobung des eAU-Verfahrens inzwischen um weitere sechs Monate verlängert.

Verpflichtende Teilnahme der Arbeitgeber ab Januar 2023

Ab 1. Januar 2023 wird das eAU-Verfahren nach gegenwärtiger Planung für Arbeitgeber Pflicht sein. Dann müssen Arbeitgeber die AU-Daten elektronisch bei den Krankenkassen abrufen. Hierzu soll es dann auch keine Alternative mehr geben. Gleichzeitig entfällt nämlich die gesetzliche Verpflichtung des Arbeitnehmers, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung in Papierform vorzulegen. Bis Ende 2022 bleibt diese Vorlagepflicht übergangsweise noch bestehen.


 

Was gilt gegenwärtig rund um die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Zurzeit stellt der Vertrags(zahn)arzt eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus, wenn der Patient aufgrund einer Erkrankung oder Verletzung seine Arbeitsleistung nicht erbringen kann. Die AU-Bescheinigung muss dabei in vierfacher Ausfertigung gedruckt werden: je ein Exemplar für den Arzt, den Versicherten, den Arbeitgeber und die gesetzliche Krankenversicherung (GKV). So ist in der Vergangenheit Jahr für Jahr ein Papieraufkommen von mehr als 300 Millionen Blättern Papier entstanden. Hinzu kommt der Aufwand für die manuelle Erfassung durch die Krankenkasse und den Arbeitgeber.

Nach § 5 EntgFG muss die AU spätestens am vierten Tag der Erkrankung dem Arbeitgeber zum Nachweis über Beginn und voraussichtliche Dauer der Arbeitsunfähigkeit vorliegen. Unterbleibt die Arbeitsunfähigkeitsmeldung, kann der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung verweigern. Zudem darf er anordnen, dass eine AU bereits ab dem ersten Tag der Erkrankung vorgelegt werden muss.

Was ändert sich durch die eAU?

Die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ersetzt das bisherige papiergebundene Verfahren durch einen völlig neuen Ablauf. Ziel ist, dass die Vertrags(zahn)ärzte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen digital an die gesetzlichen Krankenversicherungen übermitteln. Diese können die AU-Daten automatisiert verarbeiten und stellen sie ihrerseits den Arbeitgebern zum Abruf bereit. Während der Übergangszeit gibt es die AU in Papierform noch. Langfristig ist jedoch geplant, das Verfahren vollständig papierlos zu gestalten.

Welche Vorteile bietet die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung?

Die Einführung der eAU verläuft zurzeit zwar noch etwas stockend – wenn das Verfahren jedoch erst einmal fächendeckend implementiert ist, wird es allen Beteiligten Vorteile bringen:

  • Schnellerer Zugriff — Bisher sind Arbeitgeber und GKV darauf angewiesen, dass der Beschäftigte die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung zügig vorlegt. Auf die eAU können sie deutlich schneller zugreifen.
  • Medienbrüche — Da alle Daten nahtlos digital verarbeitet werden, gibt es keine zeitraubenden und fehleranfälligen Medienbrüche mehr.
  • Zustellpflicht — Bislang sind Versicherte verpflichtet, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung innerhalb weniger Tage bei Krankenkasse und Arbeitgeber vorzulegen. Diese Zustellpflicht entfällt. Der Beschäftigte ist aber auch im Rahmen des eAU-Verfahrens verpflichtet, seine Erkrankung dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen. Daran ändert die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nichts.
  • Kosteneinsparung — Die Kosten sinken bei Ärzten sowie insbesondere bei den Krankenkassen, sowohl im Hinblick auf die Kosten für die Erstellung und den Druck als auch für die Übermittlung und manuelle Eingabe in bestehende Softwarelösungen.
  • Sicherheit — Verloren gegangene Arbeitsunfähigkeitsmeldungen gehören der Vergangenheit an – die Daten kommen sicher bei Arbeitgebern und Krankenkassen an, auch wenn der Arbeitnehmer seine Ausdrucke verlegt hat.
  • Konflikte — Konflikte zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die fristgerechte Vorlage der AU entfallen.
  • Dokumentation — Die Krankenkassen können die Arbeitsunfähigkeiten der Versicherten ohne Lücken dokumentieren. So verfügen sie über sicheres Datenmaterial für die Entscheidung über die Auszahlung von Krankengeld.

Was müssen Arbeitgeber zur Vorbereitung auf das digitale Verfahren wissen?

Auch wenn Arbeitgeber nach heutigem Stand erst ab dem 1. Januar 2023 am eAU-Verfahren teilnehmen müssen, sollten sie sich bereits jetzt mit den technischen und rechtlichen Voraussetzungen auseinandersetzen. Hierzu ist es wichtig, die folgenden Fakten zu kennen:

  • Berechtigung — Es ist nicht zulässig, pauschal täglich von allen Arbeitnehmern etwaige Erkrankungsdaten von der GKV abzufragen. Stattdessen muss eine Berechtigung dafür vorliegen. Dies ist der Fall, wenn der Mitarbeiter den Arbeitgeber über seine Arbeitsunfähigkeit informiert hat.
  • Technische Basis — Für den Abruf der Daten von der Krankenkasse ist laut dem GKV-Spitzenverband zwingend der Datenaustausch eAU einzusetzen. Daher sollten Arbeitgeber darauf achten, dass ihr Softwarehersteller das eingesetzte Entgeltabrechnungsprogramm rechtzeitig (spätestens bis zum Beginn der Teilnahmepflicht für Arbeitgeber) mit einer entsprechenden Schnittstelle ausstattet.
  • Minijobber — Um die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung eines Minijobbers abzurufen, führt der Weg über die Minijobzentrale. Hierfür muss der Arbeitgeber nun die Krankenkasse seiner Mitarbeiter erfragen, die bislang für das Arbeitsverhältnis unerheblich war. Diese Information übermittelt er an die Minijobzentrale, die ihrerseits die erforderlichen Daten bei der Krankenkasse abruft und an den Arbeitgeber schickt.
  • Nicht von der eAU erfasste Sachverhalte — Für die folgenden Beschäftigten werden Arbeitgeber nach heutigem Stand auch künftig keine elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung abrufen können. In diesen Fällen ist weiterhin eine AU in Papierform vorzulegen:
    • Privatversicherte Beschäftigte
    • Beschäftigte, die an Präventions- oder Rehamaßnahmen eines SV-Trägers teilnehmen
    • Arbeitnehmerinnen, für die ein Beschäftigungsverbot nach § 16 Abs. 1 Mutterschutzgesetz besteht
    • Beschäftigte, die Kinderkrankengeld oder Kinderverletztengeld erhalten

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