Verfahrensdokumentation nach den GoBD – was Unternehmer dazu wissen müssen
Jedes Unternehmen in Deutschland, das steuerlich relevante elektronische Dokumente nach den Vorgaben der GoBD aufbewahrt, muss eine Verfahrensdokumentation vorhalten. Dieser Beitrag gibt Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Was ist eine Verfahrensdokumentation?
Bei der Verfahrensdokumentation handelt es sich um eine Beschreibung der organisatorisch und technisch gewollten Prozesse der IT-gestützten Buchführung und der Aufbewahrung. Dazu wird detailliert erfasst, wie steuer- und handelsrechtlich relevante Informationen im Unternehmen entstehen, empfangen, verarbeitet und aufbewahrt werden. Verantwortlich für die Erstellung einer Verfahrensdokumentation ist allein der steuerpflichtige Anwender der eingesetzten IT-Lösung, also der Unternehmer selbst.
Welchem Zweck dient die Verfahrensdokumentation?
Mithilfe der Verfahrensdokumentation weisen Unternehmen nach, dass ihre IT-gestützte Buchführung und die Aufbewahrung von Daten und Belegen die in den GoBD definierten Ordnungsmäßigkeitsgrundsätze erfüllen. Ziel ist es, die Buchführung und Belegablage in Unternehmen in angemessener Zeit für einen sachverständigen Dritten nachvollziehbar und nachprüfbar zu machen, etwa im Rahmen einer Betriebsprüfung.
Welche Inhalte gehören in die Verfahrensdokumentation?
Eine Verfahrensdokumentation besteht in der Regel mindestens aus den folgenden Inhalten:
- Allgemeine Beschreibung ⇒ Wie ist das Unternehmen insgesamt organisiert? Welcher Mitarbeiter ist für welche Aufgaben verantwortlich? Wer führt welche Arbeitsschritte aus?
- Anwenderdokumentation ⇒ Wie sind die eingesetzten IT- bzw. DV-Systeme sachgerecht zu bedienen?
- Technische Systemdokumentation ⇒ Welche Software, Hardware, Netzinfrastrukturen etc. werden genutzt? Wie arbeiten die verschiedenen Bereiche der IT zusammen? Wie sind die Daten strukturiert?
- Betriebsdokumentation ⇒ Wie werden Belege organisiert? Wie wird sichergestellt, dass die Vorgaben der Anbieter von Software etc. eingehalten werden?
Für jedes DV-System muss eine übersichtlich gegliederte Verfahrensdokumentation vorhanden sein, aus der Inhalt, Aufbau und Ergebnisse des DV-Verfahrens vollständig und schlüssig ersichtlich sind. Als DV-System im Sinne der GoBD zählen dabei sowohl das Hauptbuchführungssystem als auch die Vor- und Nebensysteme, wie zum Beispiel Anlagenbuchhaltung, Lohnbuchhaltung, Kassensystem, Warenwirtschaft, Zahlungsverkehrssystem, Taxameter, Geldspielgeräte, elektronische Waagen, Materialwirtschaft, Fakturierung, Zeiterfassung, Archivsystem und Dokumentenmanagementsystem (einschließlich der Schnittstellen zwischen den Systemen). Auch eine Beschreibung des Vorgehens zur Datensicherung sowie des Internen Kontrollsystems gehört in die Verfahrensdokumentation.
Reicht es aus, die Verfahrensdokumentation einmalig zu erstellen und dann unverändert aufzubewahren?
Nein. Die Verfahrensdokumentation ist ebenso wie ihre Anhänge und Anlagen ständig aktuell zu halten. Bei Veränderungen der Prozesse, des IT-Systems, des Betriebs oder der Nutzung muss überprüft werden, ob die Verfahrensdokumentation noch mit der tatsächlich eingesetzten IT-Lösung übereinstimmt. Gegebenenfalls ist die Dokumentation anzupassen.
Wie lange muss die Verfahrensdokumentation aufbewahrt werden?
Die Verfahrensdokumentation gehört zu den Arbeitsanweisungen und sonstigen Organisationsunterlagen im Sinne von § 257 Abs. 1 HGB bzw. § 147 Abs. 1 AO. Entsprechend ist sie über die gesetzliche Aufbewahrungsfrist von zehn Jahren aufzubewahren. Dies schließt den aktuellen Stand ein sowie alle vorangegangenen Versionen innerhalb des Aufbewahrungszeitraums. Änderungen der buchführungsrelevanten Verfahren müssen berücksichtigt und lückenlos eingepflegt werden, etwa bei Versionswechseln der eingesetzten Programme. Für den Zeitraum der Aufbewahrungsfrist muss gewährleistet und nachgewiesen sein, dass das in der Dokumentation beschriebene Soll-Verfahren dem in der Praxis eingesetzten Verfahren voll entspricht.
Welche Folgen hat es für ein Unternehmen, wenn es keine GoBD-konforme Verfahrensdokumentation vorlegen kann?
Bislang sind keine Präzedenzfälle bekannt geworden. Insofern ist unklar, welche Sanktionen drohen, wenn die Verfahrensdokumentation nicht gemäß den GoBD erstellt worden ist. Fachleute gehen davon aus, dass die Finanzverwaltung künftig Schätzungen vornehmen könnte, wenn aufgrund einer fehlenden oder lückenhaften Dokumentation erhebliche Zweifel an der Nachvollziehbarkeit und Nachprüfbarkeit der Buchführung bestehen. Ein geschätzter Gewinn liegt womöglich deutlich über dem tatsächlichen Gewinn, zudem ist der Vorsteuerabzug in Gefahr. Auch mit einer Streichung von Betriebsausgaben und mit Sicherheitszuschlägen muss gerechnet werden. Des Weiteren ist denkbar, dass die Finanzbehörde nach eigenem Ermessen ein Verzögerungsgeld von bis zu maximal 250.000 Euro erhebt.
Inwieweit profitieren Unternehmen – über steuerliche Zwecke hinaus – von einer Verfahrensdokumentation?
Auch im eigenbetrieblichen Interesse empfiehlt es sich, eine Verfahrensdokumentation zu erstellen. Ihr Mehrwert zeigt sich vor allem dann, wenn sich Prozesse ändern, Migrationen vorgenommen werden oder Mitarbeiter das Unternehmen verlassen. Mithilfe der Dokumentation lässt sich sicherstellen, dass essenzielles Wissen erhalten bleibt und sich neue Mitarbeiter schnell in die bestehenden Prozesse einarbeiten können. Zudem enthält eine Verfahrensdokumentation wichtige Informationen für das Risiko- und Qualitätsmanagement, und sie hilft, gerade bei langjährig eingesetzten IT-Systemen die Entwicklung der Lösung nachvollziehen zu können.
Welche Möglichkeiten zur Erstellung und Pflege einer Verfahrensdokumentation gibt es?
Verfügt das Unternehmen über die entsprechenden personellen Ressourcen, kann es diese Aufgabe einem Mitarbeiter übertragen. Im Web gibt es Muster-Verfahrensdokumentationen und Checklisten, die bei der Umsetzung hilfreich sein können. Daneben gibt es steuerliche Berater und Unternehmensberater, die sich auf das Thema spezialisiert haben und die Erstellung und Pflege einer Verfahrensdokumentation als kostenpflichtige Dienstleistung anbieten.
Interview mit Stefan Groß, Steuerberater und CISA: “Die GoBD schaffen mehr Klarheit für Unternehmen”
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