Wie eine Unternehmerin in Berlin Politik macht — ein Gespräch mit der Bundestagsabgeordneten Dorothee Martin
Entlastungen, Subventionen, Gesetzesänderungen: Forderungen der Wirtschaft an die Politik gibt es zuhauf. Doch was kann eigentlich die Wirtschaft für eine bessere Politik tun? Sie kann zum Beispiel Erfahrungen und Know-how zur Verfügung stellen – oder die Seiten wechseln, wie es Dorothee Martin getan hat. Die SPD-Politikerin ist aus einer erfolgreichen Selbstständigkeit heraus in den Deutschen Bundestag eingezogen. Im Videotalk “Butter bei die Fische” spricht sie über ihre Beweggründe und ihre Erfahrungen als Unternehmerin in der Politik.
Politik und Wirtschaft erscheinen mit ihren unterschiedlichen Anforderungen und Erwartungen oft wie zwei Welten. Dabei sind beide Bereiche untrennbar miteinander verbunden und bedingen sich in vielfältiger Art und Weise gegenseitig – sagt die Bundestagsabgeordnete Dorothee Martin. Die 44-jährige Parlamentarierin muss es wissen, denn sie hat die Seiten gewechselt und ist als Unternehmerin in die Politik gegangen.
Nach dem Studium der Politikwissenschaft und des Staatsrechts war Dorothee Martin rund 14 Jahre lang in der Immobilienwirtschaft tätig, bevor sie mit einem Partner eine PR- und Marketingagentur gründete. Parallel zu ihrer beruflichen Laufbahn war sie schon länger politisch aktiv: in der Jugendorganisation der SPD sowie als Kommunal- und Landespolitikerin.
Im Jahr 2020 wechselte sie als Nachrückerin in den Deutschen Bundestag und gewann 2021 das Direktmandat im Wahlkreis Hamburg-Nord. Da HS – Hamburger Software genau dort seinen Unternehmenssitz hat, lag es nahe, die Politikerin, die auch verkehrspolitische Sprecherin ihrer Bundestagsfraktion ist, zu einem Gespräch mit persönlicher Note einzuladen.
Für eine Unternehmerin in der Politik Tagesgeschäft: Dicke Bretter bohren
Auf die Frage, was ihr mehr Spaß macht – Wirtschaft oder Politik – antwortet Dorothee Martin diplomatisch: “Beides natürlich”. Für die Wirtschaft spricht aus ihrer Sicht, dass die Wirksamkeit einzelner Entscheidungen meist unmittelbar sicht- und spürbar sei. In der Politik gehe es dagegen oft um das “Bohren dicker Bretter”, wofür es einen langen Atem brauche.
Menschen aus der Wirtschaft seien daran gewöhnt, Weisungen zu erteilen, um ihre Ziele möglichst effizient durchzusetzen. “Das ist in der Politik vollkommen anders”, sagt die Parlamentarierin und berichtet von langwierigen Verhandlungen, mühsamem Ringen um Kompromisse und Abstimmungen bis tief in die Nacht – insbesondere bei Finanzierungsfragen.
Deutlich mehr Spaß im Politikerinnendasein macht ihr der direkte Kontakt mit Bürgerinnen und Bürgern – etwa in Form des “berühmt-berüchtigten” Infostandes auf dem Marktplatz. “Das ist die wichtigste politische Kommunikationsmaßnahme, die es gibt”, ist Martin überzeugt, weil sie dort ein direktes und unverstelltes Feedback von den Leuten bekomme.
In der Politik kein Nachteil: Wirtschaftskompetenz aus eigener Erfahrung
Ihren Schritt zur Vollzeitpolitikerin findet Dorothee Martin nach wie vor richtig – vor allem dann, wenn sie das Gefühl hat, dass sich ihre Kompetenzen aus Wirtschaft und Politik ideal ergänzen. Zum Beispiel bei ihrer Arbeit im Aufsichtsrat der Deutschen Bahn AG, wo ihre Erfahrung aus beiden Welten überaus nützlich sei. “Wirtschaft ist durch die Schaffung von Arbeitsplätzen und das Generieren von Steuereinnahmen die Grundlage für unser Gemeinwesen. Und wenn man von beiden Dingen – Politik und Wirtschaft – ein bisschen versteht, kann das nicht schaden”, sagt sie mit einem Augenzwinkern.
Bildquellen: HS – Hamburger Software