Konjunkturpaket 2020 Corona Mehrwertsteuersenkung

Konjunkturpaket – was Unternehmen jetzt erwartet

Das milliardenschwere Konjunkturpaket der Bundesregierung soll die Wirtschaft in der Coronakrise wieder anschieben – unter anderem durch eine befristete Mehrwertsteuersenkung. Dieser Blogartikel gibt einen Überblick, welche Hilfen und Änderungen Unternehmer aus dem Konjunkturpaket zu erwarten haben.

Die Coronakrise betrifft alle Unternehmen. Viele leiden unter den Einschränkungen im öffentlichen und wirtschaftlichen Leben. Ganze Branchen kämpfen ums Überleben. Aber auch die Exporte brechen ein, da Lieferungen und Bestellungen aus dem Ausland ausbleiben. Die Bundesregierung schnürte daher Anfang Juni ein 130 Milliarden schweres Konjunkturpaket. Großzügige Hilfen sollen die Wirtschaft wieder anschieben. Eine befristete Mehrwertsteuersenkung soll den privaten Konsum stimulieren, bereitet aber vielen Buchhaltern und Steuerberatern Kopfschmerzen. Hier ein Überblick über die wichtigsten Hilfen und Änderungen für Unternehmen.

Checkliste: Welche Themen betreffen Ihr Unternehmen?

Welche Punkte aus dem Konjunkturpaket sind für Sie relevant? Diese können Sie mithilfe der folgenden Tabelle identifizieren.

Wenn das auf Sie zutrifft …… ist dies für Sie interessant
Unternehmen gleich welcher ArtMehrwertsteuersenkung auf 16 % bzw. 5 %
Kurzarbeitergeld (Kug)
Umsatzeinbruch von mindestens 40 %Programm für Überbrückungshilfen
Hohe AnlageinvestitionenDegressive Abschreibung
Absehbarer Verlust 2020Verlustrücktrag
ImporteurVerschobene Einfuhrumsatzsteuer
AusbilderFörderung für ausbildende Betriebe
Automotive-BrancheInvestitionsförderung für Automobilbranche
Frachtführer, Handwerker, FuhrparkbetreiberFörderung der E-Mobilität
Telekommunikationsbranche5G und Netztechnologien
Hardware- oder Software-LieferantDigitalisierung von öffentlichen Institutionen
BaubrancheAusbau und energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden
Forschende UnternehmenForschung und Wissenschaft
Hersteller von medizinischen GüternInländische medizinische Güter Beschleunigtes und vereinfachtes Vergaberecht
Auftragnehmer der öffentlichen HandBeschleunigtes und vereinfachtes Vergaberecht
PersonengesellschaftOption zur Körperschaftssteuer
Drohende InsolvenzVorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren

Mehrwertsteuersenkung

Für Leistungen, die vom 1. Juli 2020 bis 31. Dezember 2020 erbracht werden, senkt die Bundesregierung die Umsatzsteuer, umgangssprachlich auch Mehrwertsteuer genannt. Der volle Steuersatz fällt von 19 Prozent auf 16 Prozent, der reduzierte von 7 Prozent auf 5 Prozent. Verbraucher sollen dadurch zu mehr Konsum angeregt werden.

Die Wirtschaft ist über die Mehrwertsteuer-Senkung “not amused”. Unternehmen leiten die Steuer ja nur durch. Sie haben durch die Senkung keinen Vorteil, sondern nur einen enormen administrativen Aufwand. Dieser ist umso höher, je weiter die Rechnungsstellung, das Leistungsdatum und die Buchung des Umsatzes auseinanderliegen. Welches Leistungsdatum, das heißt, welcher Mehrwertsteuersatz einem Umsatz zugrundeliegt, lässt sich nicht immer so genau sagen. Denken Sie zum Beispiel an Abschlagszahlungen, Gutscheine, Reisen. Oder an Verträge, Abonnements, Dauerbuchungen.

Unterstützung bei der Umsetzung der Mehrwertsteuersenkung leisten die Hersteller von ERP- und Buchhaltungssoftware.

Kurzarbeitergeld

Schon seit März 2020 bewährt sich das Kurzarbeitergeld in der Corona-Krise. Es rettet Arbeitsplätze und bewahrt Unternehmen vor dem Ruin. Die Bundesregierung plant eine verlässliche Regelung auch über den 31. Dezember 2020 hinaus. Sie hat für den Monat September 2020 neue Beschlüsse angekündigt, weil die Entwicklung der Pandemie erst abgewartet werden soll.

Programm für Überbrückungshilfen

Der Bund zahlt 25 Milliarden Euro “Überbrückungshilfe für kleine und mittelständische Unternehmen, die ihren Geschäftsbetrieb im Zuge der Coronakrise ganz oder zu wesentlichen Teilen einstellen müssen”. Besonders betroffen sind Hotellerie, Gastronomie, Event-Industrie und Tourismusbranche, aber das Konjunkturpaket stellt Hilfen steht auch für andere Firmen sowie für gemeinnützige Organisationen bereit.

Bedingungen für die Überbrückungshilfe

Unter folgenden Bedingungen trägt der Bund einen Anteil an Ihren Fixkosten für die Monate Juni bis August 2020:

  • Bei einem Umsatzeinbruch von mehr als 70 Prozent werden 80 Prozent der Fixkosten erstattet.
  • Bei einem Umsatzeinbruch von 50 bis 70 Prozent werden 50 Prozent der Fixkosten erstattet.
  • Bei einem Umsatzeinbruch von 40 bis unter 50 Prozent werden 40 Prozent der Fixkosten erstattet.

Liegt der Umsatz im Fördermonat bei mindestens 60 Prozent des Vorjahresmonats, gibt es für diesen Monat keine Förderung. Berechnungsgrundlage ist also der Wert der einzelnen Monate und kein Drei-Monats-Durchschnitt. So steht es im aktuellen Eckpunktepapier des Bundesfinanzministeriums (BMF) zu den Überbrückungshilfen (Änderungen vorbehalten!).

Die Überbrückungshilfe ist steuerbar und überzahlte Beträge müssen zurückerstattet werden. Unternehmen, die jetzt insolvent werden oder bis zum 31. August 2020 ihren Betrieb einstellen, erhalten keine Überbrückungshilfe.

Wer bekommt wie viel?

Die maximale Förderung für die drei Monate von März bis Mai 2020 beträgt 150.000 Euro. Bei Unternehmen mit bis zu fünf Beschäftigten beträgt die maximale Förderung 9.000 Euro, bei bis zu zehn Beschäftigten 15.000 Euro.

Die Antragsfrist endet am 31. August 2020 und die Auszahlungsfrist am 30. November 2020. Antragsformulare und konkrete Umsetzungstipps existieren zum jetzigen Zeitpunkt, Ende Juni 2020, noch nicht. Bitte sprechen Sie diesbezüglich Ihren Steuerberater an.

Degressive Abschreibung

Industriebetriebe dürfen Maschinen und Anlagen in den Steuerjahren 2020 und 2021 degressiv abschreiben. Bewegliche Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens können Sie mit dem zweieinhalbfachen der gegenwärtigen AfA absetzen. Maximal 25 Prozent pro Jahr darf die Abschreibung eines solchen Investitionsguts betragen. Das soll Unternehmen einen Investitionsanreiz geben und ihre Liquidität verbessern.

Verlustrücktrag

Sie können sich Steuervorauszahlungen aus 2019 zurückholen, wenn Ihrem Unternehmen 2020 Corona-bedingt ein Verlust droht. Normalerweise könnten Sie Ihren Verlust erst Ende 2020 per BWA ermitteln. Diesen würden Sie mit den Gewinnen des Vorjahres verrechnen; das nennt man einen Verlustrücktrag. Sie bekämen Ihre Steuervorauszahlungen zurück, allerdings erst 2021. Das ist für zahlreiche gebeutelte Betriebe viel zu spät.

Also erlaubt Ihnen die Koalition, Ihren Verlust 2020 zu schätzen und schon aufgrund dieser Schätzung mit den Gewinnen des Vorjahres zu verrechnen. Sie dürfen den Rücktrag in der Steuererklärung für 2019 als Corona-Rücklage steuerwirksam einsetzen und bekommen die überzahlten Vorauszahlungen jetzt schon erstattet.

Die Berechnungen und Prognosen müssen von einem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer testiert sein. Die Corona-Rücklage muss bis Ende 2022 aufgelöst werden. Und wenn Ihre Prognose nicht stimmt und Sie mehr erwirtschaften als gedacht, müssen Sie die Erstattung zurückerstatten.

Verschobene Einfuhrumsatzsteuer

Importierende Unternehmen profitieren von der Regelung, dass die Fälligkeit der Einfuhrumsatzsteuer auf den 26. des Folgemonats verschoben wird. Deutsche Unternehmen sollen dadurch fünf Milliarden Euro mehr Liquidität bekommen und mit Unternehmen im übrigen Europa gleichgestellt werden.

Förderung für ausbildende Betriebe

Das Konjunkturpaket enthält einen Schutzschirm, der die Ausbildung der jungen Generation sicherstellen soll. Ausbildende Betriebe bekommen für jeden neuen Ausbildungsvertrag:

  • 2.000 Euro, wenn ein vorhandener Ausbildungsplatz neu besetzt wird
  • 3.000 Euro, wenn ein neuer, zusätzlicher Ausbildungsplatz geschaffen wird

Wenn Sie Azubis von Betrieben übernehmen, die die Ausbildung nicht beenden können, erhalten Sie eine Übernahmeprämie.

Investitionsförderung für die Automobilbranche

In den Jahren 2020 und 2021 fördert der Bund Zukunftsinvestitionen in der Automobilindustrie mit einem Bonus-Programm. Davon profitieren Zulieferbetriebe Automotive-Branche, die innovative Technologien, Verfahren und Anlagen liefern. Eine Milliarde Euro steckt der Bund die Forschung und Entwicklung für transformationsrelevante Innovationen und neue regionale Innovationscluster.

Förderung der E-Mobilität

Spediteure, Logistiker, Taxi-Unternehmen, Handwerker, sie alle können Fördergeld für eine Modernisierung ihrer Flotten bekommen. Voraussetzung: Sie rüsten auf Elektromobilität um.

Innovationsprämie für E-Autos

Wenn Sie einen elektrisch betriebenen Dienstwagen oder ein Nutzfahrzeug für bis zu 40.000 Euro kaufen, subventioniert der Bund dies jetzt mit 6.000 Euro statt wie bisher nur mit 3.000 Euro. Diese Innovationsprämie ist zunächst bis zum 31. Dezember 2021 befristet.

Flottenaustauschprogramme

Handwerker und KMU dürfen sich über ein Flottenaustauschprogramm freuen. Die Förderung der Anschaffung von Elektronutzfahrzeugen bis 7,5 Tonnen wird zeitnah umgesetzt.

Auch für Elektro-Busse, LKW und die notwendige Lade-Infrastruktur gibt es bis Ende 2021 Subventionen. Der Austausch alter Euro-3- bis Euro-5-Fahrzeuge gegen neue Euro-6-Fahrzeuge soll den emissionsarmen Schwerlastverkehr und klimafreundlichere Antriebe europaweit fördern.

5G und Netztechnologien

Die Bundesrepublik Deutschland will bei 5G und später auch 6G eine global führende Rolle spielen. Das soll die digitale Souveränität und die Innovationskraft Deutschlands stärken. Mit zwei Milliarden Euro will die Koalition Unternehmen stärken, die neue softwaregesteuerte Netztechnologien entwickeln und erproben. Die Bundesregierung will zudem in Europa eine einheitliche Regulierung und die Interoperabilität der Netzkomponenten voranbringen.

Digitalisierung von öffentlichen Institutionen

Mit dem Konjunkturpaket geht über die öffentlichen Verwaltungen ein Geldsegen nieder. Das Ziel ist ehrgeizig: Die Behörden sollen in puncto Digitalisierung im 21. Jahrhundert ankommen.

  • Digitalisierungsvorhaben in der Verwaltung, Sicherheit und Rüstung werden mit zehn Milliarden Euro gefördert.
  • Bund, Länder und Kommunen sind nach dem Onlinezugangsgesetz verpflichtet, ihre Verwaltungsleistungen bis Ende 2022 digital, d. h. online, zur Verfügung zu stellen. Der Bund fördert die Umsetzung dieser Vorgabe mit drei Milliarden Euro.
  • Das Smart-Cities-Programm wird um 500 Millionen Euro aufgestockt, um auch Kommunen zu bedienen, die bisher noch leer ausgingen.

Die Fördermilliarden für Digitalisierung nützen mittelbar auch Softwareherstellern, Hardware-Händlern und Schulungsanbietern. Die gestiegene Nachfrage dürfte ihnen einige Aufträge bescheren.

Ausbau und energetische Sanierung von kommunalen Gebäuden

Die mageren Jahre sind in öffentlichen Einrichtungen vorbei, wenn man dem Konjunkturpaket trauen kann. Schulen, Kitas und Krankenhäuser sollen ausgebaut, saniert und digitalisiert werden.
Wenn Ihr Unternehmen hier tätig ist, können die Fördermilliarden auch Ihre Auftragsbücher füllen. Das ist geplant:

  • Das “Zukunftsprogramm Krankenhäuser” fördert Investitionen in Kliniken
  • Gesundheitsämter bekommen Geld für Hard- und Software, zur Verbesserung des Meldewesens und für IT- und Kommunikationslösungen.
  • Das Investitionsprogramm für den Ausbau von Ganztagsschulen und Ganztagesbetreuung wird beschleunigt. Länder, die 2020/2021 Mittel für Investitionen abrufen, erhalten die entsprechende Summe in den späteren Jahren der Laufzeit zusätzlich.
  • Der Kapazitätsausbau in Kindergärten, Kitas und Krippen wird 2020 und 2021 mit einer Milliarde Euro zusätzlich gefördert.
  • Der Bund stockt 2020 und 2021 die Förderprogramme zur energetischen Sanierung kommunaler Gebäude auf.
  • Er legt außerdem ein Programm für Klimaanpassungsmaßnahmen in sozialen Einrichtungen auf.

Diese Förderungen kommen in Form von Aufträgen mittelbar auch Anbietern von Klima- und Gebäudetechnik zugute.

Forschung und Wissenschaft


Die Koalition schafft mit dem Konjunkturpaket Anreize, damit Unternehmen trotz der Coronakrise weiter in Forschung und Entwicklung investieren.

  • Die steuerliche Forschungszulage wird von Anfang 2020 (rückwirkend) bis Ende 2025 auf maximal vier Millionen Euro Bemessungsgrundlage je Unternehmen gewährt.
  • Die geplanten Investitionen bis 2025 in Künstliche Intelligenz (KI) werden von drei auf fünf Milliarden Euro erhöht, um ein wettbewerbsfähiges europäisches KI-Netzwerk zu schaffen.
  • Der Bund unterstützt die großen außeruniversitären Forschungsorganisationen mit jeweils einem Fonds. Daraus erhalten erfolgversprechende Projekte von Firmen, die besonders von Corona betroffen sind, eine Ersatzfinanzierung. Das soll den Abbruch der Forschungsarbeiten verhindern.

Inländische medizinische Güter

Der Bund will medizinische Schutzausrüstung, Medikamentenwirkstoffe und Impfstoffe in Zukunft verstärkt in Deutschland fertigen lassen. Das soll die Unabhängigkeit von Lieferungen aus Schwellenländern stärken. Mit dem Konjunkturpaket wird daher ein Programm zur Förderung der flexiblen und im Falle einer Epidemie skalierbaren inländischen Produktion wichtiger Arzneimittel und Medizinprodukte aufgelegt.

Beschleunigtes und vereinfachtes Vergaberecht

Die Koalition vereinfacht temporär das Vergaberecht, damit aus den Fördergeldern schnell Investitionen werden. Die Vergabefristen bei EU-Vergabeverfahren werden verkürzt und die Schwellenwerte für beschränkte Ausschreibungen und freihändige Vergaben in Deutschland angepasst.

Option zur Körperschaftssteuer

Personengesellschaften erhalten die Möglichkeit, sich als Kapitalgesellschaften besteuern zu lassen. Die Bundesregierung hebt zudem den Ermäßigungsfaktor bei Einkünften aus Gewerbebetrieb auf das Vierfache des Gewerbesteuer-Messbetrags an.

Diese Maßnahmen werden über eine Modernisierung des Körperschaftssteuerrechts eingeführt. Sie sollen die Wettbewerbsfähigkeit von Personengesellschaften stärken. Sollten Sie erwägen, für die Besteuerung als Kapitalgesellschaft zu optieren, so besprechen Sie dies am besten mit Ihrem Steuerberater.

Vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren

Für Unternehmen, die durch Corona ohne eigenes Verschulden ins Trudeln geraten, wird ein vorinsolvenzliches Restrukturierungsverfahren eingeführt werden. Für den schnellen Neustart nach einer Insolvenz verkürzt die Koalition das Entschuldungsverfahren für natürliche Personen auf drei Jahre.

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Dorothea Heymann-Reder
Autorin dieses Beitrags
Dorothea Heymann-Reder schreibt Blogbeiträge, Ratgeberartikel und Whitepaper für Software- und Beratungsfirmen. Ihre Fachartikel behandeln unter anderem Unternehmenssoftware, Digitalisierung und Automatisierung von Betriebsabläufen sowie Compliance-Themen.
Bildquellen: studio v-zwoelf – stock.adobe.com (Beitragsbild oben), Dorothea Heymann-Reder (Porträt)