Was ist ein Warenwirtschaftssystem? — Wie Unternehmen ihre Warenwirtschaft effizient verwalten können
Viele Unternehmen organisieren und steuern ihre Handels- und Produktionsprozesse mit einem Warenwirtschaftssystem (WWS). Insbesondere kleinere Mittelständler und Start-ups unterschätzen jedoch häufig die Bedeutung einer professionellen Warenwirtschaft. Die wichtigsten Informationen zu den Aufgaben des WWS und die Antwort auf die Frage “Was ist ein Warenwirtschaftssystem überhaupt?” haben wir hier zusammengestellt.
Warenwirtschaftssysteme helfen Unternehmen, wettbewerbsfähig zu bleiben. Sie vernetzen die Warenwirtschaft mit anderen betrieblichen Funktionen und mit externen Akteuren wie Kunden, Lieferanten, Logistikpartnern und Zahlungssystemanbietern. Dadurch können Unternehmen schneller und flexibler agieren. Dieser Beitrag beleuchtet die Aufgaben eines Warenwirtschaftssystems, seine Funktionen, die verschiedenen Varianten sowie den Nutzen.
Was ist ein Warenwirtschaftssystem?
Ein Warenwirtschaftssystem, auch WWS oder WaWi genannt, ist eine Software für die Bestandsverwaltung von Unternehmen, besonders von Handels- und Produktionsbetrieben. Zu den Aufgaben eines Warenwirtschaftssystems gehört es, die Prozesse rund um die Warenbewegungen, also die allgemeine Logistik, den Einkauf, die Lagerung, den Verkauf und die Logistik abzubilden. Die Software registriert die Lagerbestände sowie Zugänge und Abgänge. Damit ist schon klar, dass ein WWS keine Insellösung ist, sondern in die Prozesse und – falls vorhanden – in die ERP-Software des Unternehmens integriert sein muss.
Warenwirtschaftssystem oder ERP-System – worin besteht der Unterschied?
Manche setzen ein Warenwirtschaftssystem mit einem ERP-System gleich. Das ist jedoch nicht korrekt. Tatsächlich kann das WWS ein Teilmodul eines unternehmensweiten ERP-Systems sein. Während sich die Warenwirtschaft mit den Warenströmen befasst, bildet ein komplettes ERP-System aber auch andere Prozesse im Unternehmen ab.
ERP steht für Enterprise-Resource-Planning, das heißt, für die Planung aller Ressourcen im Unternehmen. Dagegen bildet das WWS Prozesse rund um die physische Material- und Bestandsverwaltung ab. Das ist besonders im (Online)-Handel, im Handwerk und in Produktionsbetrieben wichtig. Dienstleistungsunternehmen kommen oft ohne ein Warenwirtschaftssystem aus, aber sie benötigen trotzdem ein ERP-System für ihre Auftragsabwicklung, Finanzbuchhaltung und so weiter.
Was sind die Aufgaben eines Warenwirtschaftssystems?
Ein Warenwirtschaftssystem beantwortet Fragen aus dem Bereich der Bestandsverwaltung, zum Beispiel:
- Wie viel ist von Produkt x noch vorrätig?
- In welchem Lager und auf welchem Regalplatz lagert es?
- Wie viel davon haben wir in welchem Zeitraum gebraucht?
- Ist der Meldebestand erreicht? Muss nachbestellt werden?
- Wie hoch muss unser Bestand sein, um just in time liefern zu können?
- Wie ist die Umschlagshäufigkeit der Produkte? Welche sind “Renner”, welche sind “Penner”?
- Welche Konditionen und Lieferbedingungen bietet Lieferant Y im Vergleich zu Lieferant Z?
- Mit welchem Versender arbeiten wir im Raum München zusammen?
Das WWS bildet die Prozesse zwischen Lieferanten, Lagerwirtschaft und Kunden ab. Dazu gehören Disposition, Logistik, Abrechnung, Bestellwesen und Materialplanung. Es unterstützt die Funktionen Beschaffung, Inventarisierung, Onlineshop, Inventur, Retourenabwicklung und Faktura, das heißt den Belegfluss von Bestellungen, Lieferscheinen und Rechnungen.
Wie ist ein WWS aufgebaut?
Eine der zentralen Aufgaben eines Warenwirtschaftssystems ist es, Stamm- und Bewegungsdaten aus den Bereichen Einkauf und Wareneingang, Verkauf und Warenausgang sowie der Lagerhaltung zu speichern. Dies bestimmt auch den Aufbau eines Tools für die Steuerung der Warenwirtschaft:
- Stammdaten
Zu den Stammdaten gehören unter anderem Grunddaten über Lieferanten, Produkte, Kunden, Versandpartner, Einkaufs- und Verkaufspreise, Rabattstaffeln und so weiter.
- Bewegungsdaten
Bewegungsdaten sind die Daten, die im Rahmen der betrieblichen Prozesse entstehen, zum Beispiel Angebote, Bestellungen, Mengen, Informationen zum Kaufverhalten, Lagerbestände, Zu- und Abgänge, Reklamationen, Retouren.
Die 5 Komponenten eines Warenwirtschaftssystems
Ein WWS ist rund um fünf Funktionen aufgebaut:
- Einkauf, mit Angebotsverwaltung, Bestellungen, Disposition und Reklamation
- Verkauf, mit Vertriebsplanung, Kundenbeziehungsmanagement (CRM), Retouren, Vertriebskanälen
- Wareneingang, mit Warenanlieferung, Warenannahme, Warenkontrolle und Rechnungsprüfung
- Warenausgang, mit Kommissionierung, Warenausgang, Versand- und Logistik-Abwicklung
- Lagerwirtschaft, mit Warenauszeichnung, Bestandsführung, Lagerverwaltung und Inventurabwicklung
Warenwirtschaft – mit oder ohne System: Welche Ziele erreichen Sie mit einem WWS?
Ein Warenwirtschaftssystem hilft Ihnen, stets genug Material auf Lager vorrätig zu haben, um unterbrechungsfrei produzieren zu können, oder – falls Sie (Online-)Händler sind – immer ausreichend Ware zu haben, um die Kundennachfrage schnell zu befriedigen.
Andererseits möchten Sie auch nicht zu viele Waren und Materialien am Lager haben, denn das steigert die Lagerkosten und das Risiko, Ladenhüter auf Halde zu legen. Da Ihr Warenwirtschaftssystem Ihnen eine passgenaue Bedarfssteuerung ermöglicht, minimieren Sie diese Kosten und Risiken.
Darüber hinaus hilft ein WWS bei der Automatisierung und Beschleunigung von Prozessen rund um Warenbewegungen. Sie sind besser informiert und können zum Beispiel stark nachgefragte Artikel und Ladenhüter jederzeit identifizieren.
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Welche Vorteile bietet ein Warenwirtschaftssystem?
Dank digitaler Bestandsverwaltung wissen Sie in Echtzeit, wann und wo welche Materialien und Waren lagern. Das WWS ermöglicht eine Vernetzung von Bestellwesen, Auftragsabwicklung, Logistik und Rechnungsstellung. Ist es gut in Ihre Software-Umgebung integriert, können Sie es auch mit anderen ERP-Komponenten bis hin zu PPS-Systemen verbinden. Auf jeden Fall sparen Sie mit einem WWS Zeit und Kosten durch die Automatisierung von Lagerprozessen, Auftragsabwicklung, Belegwesen, Nachbestellungen und die Anbindung von Logistikpartnern.
Warenwirtschaft: Welche Arten von Systemen gibt es?
Mit der Zeit haben sich unterschiedliche Formen von WWS herausgebildet: geschlossene, integrierte und offene Warenwirtschaftssysteme.
- Geschlossenes WWS
In einem geschlossenen Warenwirtschaftssystem werden alle Vorgänge in einem einzigen System abgebildet: Einkauf und Wareneingang, Verkauf und Warenausgang, sowie Lagerbestandsführung und Service.
- Integriertes WWS
Im integrierten WWS ist das System an sich geschlossen, aber über Schnittstellen an bestimmte externe Systeme angebunden. Mit diesen tauscht es auch Daten aus. Beispiele hierfür sind Integrationen mit Banken und Zahlungsdienstleistern sowie mit standardisierten Shopsystemen, etwa von Amazon oder eBay.
- Offenes WWS
Die “Offenheit” bezieht sich hier auf Schnittstellen, sogenannte API. Ein offenes WWS lässt sich über Schnittstellen mit den Softwarelösungen anderer Anbieter verknüpfen. Da die meisten Unternehmen bereits Softwaresysteme einsetzen, ist das eine sehr sinnvolle Option: Sie können ein Warenwirtschaftssystem auf diese Weise Ihren Anforderungen anpassen und so in Ihre Softwareprozesse einbetten, dass eine nahtlose IT-Umgebung entsteht. Der Vorteil: Sie bekommen in funktioneller Hinsicht das Beste aus mehreren “Welten”.
Welche Erweiterungen für ein Warenwirtschaftssystem sind möglich?
Ein offenes WWS ermöglicht viele sinnvolle Erweiterungen. Durch Integration in die Unternehmens-IT kann das Warenwirtschaftssystem weitere Aufgaben lösen. So lassen sich die betrieblichen Prozesse noch besser steuern und analysieren.
Folgende Erweiterungen für ein WWS sind besonders nützlich:
- Finanzbuchhaltung
- Offene-Posten-Verwaltung
- Mobile Funktionen
- Kassensysteme
- Shopsysteme
- Onlinebanking und Zahlungsdienstleister
Dazu kommen unter Umständen noch:
- Anlagenbuchhaltung
- Produktionsplanungs- und Steuerungssysteme (PPS)
- HR-Software
Bei einem offenen WWS ist es am einfachsten, Schnittstellen zu ERP-Softwaremodulen zu programmieren. Das macht diese Systeme so flexibel. Sie lassen sich in eine vorhandene Software-Infrastruktur integrieren und die Vernetzung mit dieser bringt viele zusätzliche Vorteile. Zum Beispiel noch bessere Analysen für die Unternehmenssteuerung und die durchgängige Standardisierung und Automatisierung von Prozessen. Als Unternehmen können Sie die besten Lösungen miteinander kombinieren, indem Sie sie über Schnittstellen anbinden.
Warenwirtschaft mit System: Welche Vorteile und Nachteile gibt es?
Kurz gefasst existieren drei Varianten von Warenwirtschaftssystemen: Standardsoftware, Branchensoftware und Individuallösungen.
- Standardsoftware ist als fertiges Produkt erhältlich und meist flexibel konfigurierbar; sie ist in aller Regel das Ergebnis langjähriger Best-Practice-Erfahrung und wird vom Anbieter gepflegt, gewartet und weiterentwickelt. Sie ist schnell verfügbar und relativ günstig.
- Branchensoftware ist ebenfalls bis zu einem gewissen Grad standardisiert. Sie wird jedoch für die Anforderungen einer bestimmten Branche programmiert und konfiguriert. So gibt es beispielsweise Software für Onlineshops oder für verschiedene Arten von Einzelhandelsbetrieben.
- Eine Individuallösung lassen Sie speziell für Ihr Unternehmen programmieren. Das lohnt sich in der Regel nur dann, wenn Ihr Unternehmen sehr groß oder sehr speziell ist. Ihre IT-Techniker müssen dann auch die Wartung und Weiterentwicklung sowie die Konformität mit einschlägigen Regulierungen gewährleisten.
Fazit
Ein Warenwirtschaftssystem (WWS) erfüllt zahlreiche Aufgaben in Handels- und Produktionsbetrieben. Es unterstützt diese bei der Steuerung der Warenströme, bei der Lagerverwaltung und bei allen Prozessen rund um den Einkauf und Wareneingang sowie den Verkauf und Warenausgang. Darüber hinaus hilft ein WWS, die betrieblichen Prozesse zu beschleunigen und transparenter zu machen. Darüber hinaus hilft ein WWS, die betrieblichen Prozesse zu beschleunigen und transparenter zu machen. Es beschleunigt zum Beispiel die Inventur und liefert Auswertungen und Statistiken für die Unternehmensführung. All das senkt die Kosten und trägt zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit bei.
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