Dokumentenmanagement - 4 häufige Irrtümer

4 Irrtümer beim Dokumentenmanagement

Immer mehr Unternehmen nutzen digitale Lösungen für das Dokumentenmanagement. Allerdings gibt es oft Missverständnisse in Bezug auf die rechtlichen Anforderungen beim Scannen und Aufbewahren von Geschäftsunterlagen. In diesem Beitrag werden vier häufige Irrtümer aufgeklärt und dargestellt, was Mythos und was Wahrheit ist.

Vor über 40 Jahren prägte ein Zeitungsartikel in der “Washington Post” erstmals den Begriff des “papierlosen Büros”. Zwar sind wir von einer vollständig papierlosen Arbeitswelt noch weit entfernt, doch in den letzten Jahren hat die Digitalisierung in Büros erheblich an Fahrt aufgenommen. Leistungsfähige Dokumentenmanagementsysteme (DMS), die weitgehend papierloses Archivieren und effiziente Workflows ermöglichen, sind mittlerweile auch für kleinere Unternehmen verfügbar. Immer mehr Betriebe setzen auf solche DMS-Lösungen, dennoch herrscht bei vielen Nutzern Unsicherheit darüber, was im Zusammenhang mit der digitalen Erfassung und Aufbewahrung von Geschäftsunterlagen erlaubt ist und was nicht. Besonders hartnäckig halten sich die folgenden Irrtümer:

Irrtum #1: Farbdokumente müssen in Farbe gescannt und archiviert werden

Unternehmen erhalten häufig farbige Papierdokumente wie Baupläne, technische Zeichnungen oder Schadensfotos. Damit stellt sich die Frage, wie solche Dokumente gescannt und im Dokumentenmanagement-System archiviert werden sollten: farbig oder schwarz-weiß?

Laut den GoBD (Grundsätze zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie zum Datenzugriff), Randziffer 137, ist eine vollständige Farbwiedergabe beim Scannen nur erforderlich, wenn die Farbe eine Beweisfunktion hat. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn ein Papierdokument Minusbeträge in roter Schrift aufweist oder Sicht-, Bearbeitungs- und Zeichnungsvermerke in unterschiedlichen Farben enthält. Bei Bauplänen und technischen Zeichnungen kann ein Farbscan ebenfalls sinnvoll sein, da Leitungen für Trinkwasser, Abwasser, Gas und Strom häufig in unterschiedlichen Farben dargestellt werden.

Fakt ist: Wenn die Farbe keine Beweisfunktion hat, sollten farbige Dokumente grundsätzlich schwarz-weiß gescannt werden, um Speicherplatz im DMS zu sparen. Dies gilt auch für Dokumente mit farbigen Unterschriften, Siegeln oder Logos. Diese Vorgehensweise entspricht den herkömmlichen papiergebundenen Verfahren, bei denen in der Praxis nahezu alle Dokumente schwarz-weiß kopiert wurden.

Irrtum #2: Eingangsrechnungen auf Papier müssen nach dem Scannen aufbewahrt werden

Der Mythos, dass Unternehmen Originaldokumente nicht vernichten dürfen, ist weit verbreitet.

Fakt ist: Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) erlaubt Unternehmen seit vielen Jahren, Papierrechnungen nach dem Scannen zu vernichten. Fachleute für Dokumentenmanagement sprechen hierbei vom ersetzenden Scannen. Das BMF legte die erforderlichen Voraussetzungen dafür im Jahr 1995 in seinem Schreiben zu den Grundsätzen ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS) fest.

Seitdem veröffentlichte das BMF zahlreiche weitere Schreiben, die die Zulässigkeit des ersetzenden Scannens bestätigen. Die aktuelle Fassung der GoBD vom 28. November 2019 erklärt unter Randziffer 140 ausdrücklich, dass Unternehmen Papierrechnungen vernichten dürfen, solange keine anderen gesetzlichen Vorschriften oder innerbetrieblichen Regelungen die Aufbewahrung im Original verlangen.

Organisationsanweisung zum ersetzenden Scannen erstellen

Eine wichtige Voraussetzung für die GoBD-Konformität ist, dass Unternehmen ihr Scanverfahren dokumentieren. Dazu sollten sie im Rahmen der Verfahrensdokumentation eine Organisationsanweisung erstellen, die unter anderem folgende Punkte regelt:

  • Wer darf Papierbelege scannen?
  • Zu welchem Zeitpunkt werden Belege erfasst: schon beim Posteingang oder erst während oder nach Abschluss der Vorgangsbearbeitung?
  • Welches Schriftgut wird gescannt?
  • In welchen Fällen müssen die Scans nicht nur inhaltlich mit dem Original übereinstimmen (betrifft alle Dokumente), sondern auch bildlich identisch sein (betrifft z. B. empfangene Handelsbriefe/Geschäftsbriefe und Buchungsbelege)?
  • Wie stellt das Unternehmen die Qualitätskontrolle im Hinblick auf Lesbarkeit und Vollständigkeit sicher?
  • Wie werden Fehler protokolliert?

Eine kostenlose Musterverfahrensdokumentation zum ersetzenden Scannen, an der sich Unternehmen orientieren können, ist auf der Website des Deutschen Steuerberaterverbands (DStV) erhältlich.

Welche sicherheitsrelevanten technischen und organisatorischen Maßnahmen beim ersetzenden Scannen zu berücksichtigen sind, hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) in der Richtlinie RESISCAN zusammengefasst.

Irrtum #3: Bildoptimierungen an gescannten Belegen sind nicht erlaubt

Das Papieroriginal und der Scan eines Belegs müssen laut GoBD inhaltlich identisch sein. Die bildliche Wiedergabe muss somit wortgetreu und die Inhalte müssen reproduzierbar sein.

Bei bestimmten aufbewahrungspflichtigen Dokumenten, wie Handels- und Geschäftsbriefen oder Buchungsbelegen (z. B. Rechnungen), verlangen die GoBD zusätzlich die bildliche Gleichheit. Das bedeutet, der Scan muss das Papieroriginal visuell exakt wiedergeben. Alle relevanten Informationen müssen für sachverständige Dritte, beispielsweise einen Betriebsprüfer des Finanzamts, lesbar sein.

Fakt ist: Bildverbesserungen sind grundsätzlich zulässig, wenn dabei die GoBD eingehalten werden. Beispielsweise darf man: schwarze Ränder am gescannten Bild entfernen, die durchscheinende Rückseite des Papierdokuments herausfiltern, sogenannten “Fliegendreck” eliminieren, sowie Belege geraderücken und zuschneiden. Nach der Archivierung im Dokumentenmanagement System (DMS) darf man keine bildlichen Änderungen mehr vornehmen.

Irrtum #4: Nach zehn Jahren müssen aufbewahrungspflichtige Dokumente gelöscht werden

Ein weiteres hartnäckiges Gerücht besagt, dass man archivierte Dokumente nach dem Ablauf der Aufbewahrungsfrist löschen muss.

Fakt ist: Die Aufbewahrungspflichten und – fristen von steuerlich relevanten Dokumenten sind vor allem in der Abgabenordnung (AO) und im Handelsgesetzbuch (HGB) geregelt. Weder die AO noch das HGB schreiben eine Vernichtung nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist vor.

Ausnahmen ergeben sich im Datenschutzrecht aus der Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) und dem Bundesdatenschutzgesetz (BDSG): Werden Unterlagen nicht mehr für die Geschäftstätigkeit benötigt, sollten sie zeitnah vernichtet werden. Ob ein Dokument nicht mehr notwendig ist, lässt sich stets nur im Einzelfall beurteilen.

Um Speicherplatz zu sparen und das Dokumentenmanagement übersichtlich zu halten, sollte man alle nicht mehr benötigten oder zu vernichtenden Unterlagen nach Ablauf der Aufbewahrungsfrist löschen. Dokumente, aus denen sich Forderungen oder Verbindlichkeiten für ein Unternehmen ergeben könnten, sollte man jedoch weiterhin im DMS aufbewahren. Dies kann sogar über die Dauer der Geschäftsbeziehung hinausgehen.

Grundsätzlich gilt es also, bei jedem Dokument genau hinzuschauen. Ein Dokumentenmanagementsystem bietet verschiedene Funktionen, die helfen, die Aufbewahrungsfristen im Blick zu behalten und den Löschpflichten nachzukommen.

 


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